Der Fall: Nießbrauch an GmbH-Anteilen – Das Finanzamt rechnet mit geschlechtsabhängigen Sterbetafeln
Ein Vater übertrug im Jahr 2014 seinen drei Kindern je ein Drittel seiner GmbH-Anteile – und behielt sich daran den lebenslangen Nießbrauch vor. Das heißt: Er durfte weiter die Erträge aus den Anteilen beziehen, obwohl er nicht mehr der Eigentümer war. Das Finanzamt bewertete die übertragenen Anteile mit rund 782.000 € und zog davon den Kapitalwert des Nießbrauchs ab – dieser betrug über 354.000 €.
Das Finanzamt berechnete den Nießbrauchswert auf Grundlage der Sterbetafeln des Statistischen Bundesamts, die geschlechtsspezifische Lebenserwartungen berücksichtigen. Dagegen klagte der Sohn: Er hielt diese Differenzierung für verfassungswidrig – Männer würden dadurch benachteiligt, da ihre Lebenserwartung (und damit der Vervielfältiger für den Kapitalwert) niedriger sei.
Das Urteil: Geschlechtsspezifische Bewertung ist rechtmäßig
Der BFH hat die Klage abgewiesen (BFH, Urt. v. 20.11.2024, Az. II R 38/22). Das Finanzamt habe den Nießbrauch korrekt bewertet. Die Heranziehung geschlechterdifferenzierender Sterbetafeln verstößt nicht gegen das Gleichheitsgebot aus Art. 3 Abs. 3 GG. Die unterschiedliche Lebenserwartung von Männern und Frauen ist statistisch nachgewiesen und daher ein sachlicher Anknüpfungspunkt für die steuerliche Bewertung.